Förderbezogene Diagnostik in heterogenen Klassen
Videovignetten für die Lehrkräftebildung für berufliche Schulen
Autor:innen: Andrea Burda-Zoyke, Jürgen Seifried, Philipp Eichentopf, Teresa Giek
Inklusiver Unterricht mit heterogenen Lerngruppen erfordert eine differenzierte und individualisierte Herangehensweise, die auf die individuellen Bedürfnisse und Potenziale der Schüler:innen eingeht. Eine förderbezogene Diagnostik zielt darauf ab, die individuellen Stärken und Schwächen der Lernenden zu erfassen und angemessene Fördermaßnahmen bzw. förderliche Lehr-Lernsettings zu entwickeln. Dies ist für (angehende) Lehrpersonen eine herausfordernde Aufgabe. Daher wurden im Projekt DIA-LIBS Videovignetten mit Begleitmaterialen entwickelt, die (angehenden) Lehrkräften an beruflichen Schulen die Entwicklung von unterrichtsnahen Kompetenzen ermöglichen. Die Vignetten decken die Breite der Bildungsgänge beruflicher Schulen unter besonderer Berücksichtigung des kaufmännischen Unterrichts sowie zentrale Heterogenitätsmerkmale der Schüler:innen ab.
Die Arbeit mit den Vignetten fordert (angehende) Lehrkräfte auf, sich umfassend mit den Möglichkeiten der förderbezogenen Diagnostik zur individuellen Förderung im Kontext inklusiver beruflicher Bildung zu beschäftigen. Dabei ist zu beachten, dass die Vignetten keine Good Practice-Beispiele zur gelungenen förderbezogenen Diagnostik zeigen. Vielmehr regen sie dazu an, über die Notwendigkeit sowie Möglichkeiten förderbezogener Diagnostik nachzudenken, d. h. selbst diesbezügliche Handlungsalternativen zu entwickeln und begründet zu entscheiden.
Wir danken allen Lehrkräften, Fachexpert:innen und weiteren Beteiligten für ihre hilfreiche Unterstützung bei der Entwicklung der Materialien!
Hintergrund und Zielsetzung der Videovignetten zur förderbezogenen Diagnostik in heterogenen Klassen beruflicher Schulen
Was ist inklusive berufliche Bildung und warum ist förderbezogene Diagnostik hierfür wichtig?
Inklusive berufliche Bildung verfolgt das Ziel, grundsätzlich alle Schüler:innen gemeinsam in Klassen des Regelsystems der beruflichen Schulen zu unterrichten, wobei gefährdete und marginalisierte Gruppen wie Menschen mit Behinderungen und Benachteiligungen besonders zu berücksichtigen und zu fördern sind. Dies kann durch individuelle Förderung und adaptiven Unterricht gelingen, welche eine geeignete Diagnostik seitens der Lehrkräfte erfordern.
Was verstehen wir unter förderbezogener Diagnostik?
Förderbezogene Diagnostik ist eine Form der unterrichtsnahen, alltäglichen Diagnostik insbesondere von Lehrkräften, die dazu dient, das individuelle Lernen aller Lernenden in heterogenen Klassen bestmöglich zu unterstützen.
Welche Kompetenzen benötigen Lehrkräfte für eine förderbezogenen Diagnostik und wie können diese mit Videovignetten gefördert werden?
Für die förderbezogene Diagnostik braucht es eine professionelle Wahrnehmung im Unterricht, die u. a. auf diagnostischem Wissen bzw. diagnostischen Kompetenzen sowie inklusionsbezogenem Wissen und Überzeugungen basiert. Diese Fähigkeiten können im Zuge der Auseinandersetzung mit den Videovignetten gefördert werden, denn Videovignetten bieten mit Blick auf Lernen durch Reflexion und Analyse reichhaltige Anknüpfungspunkte (Erfassen der Komplexität von Realität, Wissen erweitern, Wissen flexibler machen, Theorie und Praxis verbinden, Fachsprache aufbauen und Perspektivwechsel durchführen [Krammer & Reusser 2005]). Daher werden im Projekt DIA-LIBS Videovignetten mit Begleitmaterialien entwickelt, die dazu geeignet sind, das professionelle Wahrnehmen und Handeln in Bezug auf die förderbezogene Diagnostik in inklusiven beruflichen Klassen zu trainieren.
Welche Heterogenitätsdimensionen erweisen sich in beruflichen Schulen als besonders herausfordernd?
Die Heterogenität der Lernenden stellt Lehrkräfte an beruflichen Schulen vor besondere Herausforderungen. Dabei geht es nicht nur um diverse Lernschwierigkeiten, sondern auch um Lernpotenziale und Stärken der Lernenden. In den beruflichen Schulen stehen insbesondere Aspekte der kognitiven Leistungsfähigkeit (Denken und Lernstrategien), der Sprache (Fach-/Berufs-/Bildungssprache und Deutsch als Zweitsprache) sowie des Verhaltens von Lernenden (Emotionen und soziales Handeln) im Blickpunkt. Schwierigkeiten und Potenziale können sowohl in der Person der Lernenden selbst (z. B. persönliche Dispositionen und Erfahrungen) als auch in ihrer Umwelt (z. B. Klasse, Schule, Familie, Ausbildungsbetrieb) sowie im Zusammenspiel zwischen Person und Umwelt begründet liegen (WHO 2001).
Im Folgenden beschreiben wir diese drei von uns schwerpunktmäßig in den Blick genommenen Heterogenitätsdimensionen jeweils isoliert. Es ist uns bewusst, dass in der Praxis Überschneidungen und Wechselwirkungen zwischen den drei Heterogenitätsdimensionen bestehen. Vertiefende Informationen zu einzelnen Heterogenitätsmerkmalen bzw. besonderen Ausgangslagen (z. B. Verhaltensauffälligkeiten, ADHS, Autismus, Lese-Rechtschreibschwäche) und deren Diagnostik stellen wir im Bereich der Infotexte bereit.
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