Vignette 1: Beratungsgespräch Ausbildungsvorbereitung

Kurzdarstellung der Videosequenz

  • Lehrer sitzt mit Schülerin am Tisch und spricht mit der Schülerin.Emilia betritt den Raum für ein Zielvereinbarungsgespräch mit dem Lehrer. [00:04]
  • Lehrer erläutert die Ziele des Gesprächs. [00:08]

Lehrer sitzt mit Schülerin am Tisch und ist der Schülerin zugewandt.

  • Besprechung der sprachlichen Fähigkeiten. [01:15]
  • Vertiefende Besprechung des mathematischen Einstufungstests. [01:44]
  • Besprechung der Fehlzeiten im letzten Schuljahr und Vorschlag für Zielvereinbarung. [01:53]
  • Vorschlag des Lehrers einen Termin mit der Schulsozialarbeiterin zu vereinbaren. [02:11]
  • Im Vordergrund befinden sich drei Schüler:innen um einen Gruppentisch. In Hintergrund befindet sich eine andere Schülergruppe mit vier Personen an einem Tisch. Zwei davon stehen und die anderen sitzen.Rückblende zur Gruppenübung während der Eingangsphase. [02:33]
  • Gemeinsame Reflexion der Gruppenübung. [03:56]

Einordnung in Kontext und Curriculum

Einordnung in Unterrichtsstunde und -einheit

Dargestellt wird ein Zielvereinbarungsgespräch zwischen einer Schülerin und einem Lehrer in der Eingangsphase eines ausbildungsvorbereitenden Bildungsganges. Im Zuge dieser diagnostischen Phase sollen die Ausgangslage der Schüler:innen erfasst und Ziele für den Bildungsgang vereinbart werden. Damit wird eine individuelle Förderung im Bildungsgang bzw. im sich anschließenden Unterricht ermöglicht. Das Gespräch findet am Ende der diagnostischen Phase in der zweiten Schulwoche statt, in der die Erfahrungen und Ergebnisse aus der ersten Schulwoche reflektiert und besprochen sowie Zielvereinbarungen getroffen werden. In der ersten Schulwoche haben verschiedene Aktivitäten zum Kennenlernen innerhalb der Klasse stattgefunden. Zudem wurden fachliche Tests (Mathematik, Deutsch) sowie eine beobachtete gruppendynamische Übung durchgeführt. In der dritten Schulwoche soll mit dem (Fach-)Unterricht begonnen werden.

Curriculare Einordnung

In diversen (länderspezifischen) ausbildungsvorbereitenden Bildungsgängen ist häufig eine Eingangsdiagnostik mit Zielvereinbarung vorgesehen, auf deren Basis anschließend die individuelle Förderung der Schüler:innen im Bildungsgang erfolgen soll.

Beispielhaft hierfür steht das Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf in Baden-Württemberg: Der besondere Erziehungs- und Bildungsauftrag im Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf vom 12. August 2010 legt eine (umfassende) Eingangsdiagnostik nahe. So stellen „die Schulen […] im Vorfeld oder im Verlauf des Schuljahres fest, welches […] für die einzelne Schülerin oder den einzelnen Schüler das dem Lern- und Leistungsstand sowie dem individuellen Förderziel entsprechende Bildungsziel ist” (MKJSBW 2010, S. 2). Außerdem beruht die „Grundausrichtung des Unterrichts […] auf der individuellen Förder- und Berufswegeplanung auf der Grundlage einer Kompetenzfeststellung” (MKJSBW 2010, S. 2). Weiterführend wird explizit auch auf motivationale Komponenten „schulmüde[n] Schülerinnen und Schüler” (MKJSBW 2010, S. 2) hingewiesen, die einer Diagnose bedürfen.

Quelle: Ministerium für Kultur, Jugend und Sport, Baden-Württemberg (2010). Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf. Besonderer Erziehungs- und Bildungsauftrag im Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf. https://www.bildungsplaene-bw.de/site/bildungsplan/get/documents_E1845920910/lsbw/Bildungsplaene-BERS/MediaCenter/bs/bs_vab/BS-VAB_Allg-Aussagen_09_3724.pdf

Impulse zur Bearbeitung

Ausgehend von unserem Modell förderbezogener Diagnostik kann das diagnostische Handeln in der Vignette unter Berücksichtigung folgender Aspekte analysiert und weiterentwickelt werden.

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In dem Videoclip liegt ein Fokus auf der Diagnose der Lernvoraussetzungen (Eingangsdiagnostik). Diese wird dem eigentlichen Unterricht vorgeschaltet. Folgende Fragen können sich stellen:

Lernvoraussetzungen:

  • Auf welche Aspekte der Lernausgangslage bzw. Lernvoraussetzungen fokussiert diese Eingangsdiagnostik? Werden alle relevanten Bereiche erfasst, um auf dieser Basis die weitere individuelle Förderung im Bildungsgang gestalten zu können? Werden nicht nur auf Lernstände/-ergebnisse, sondern auch Lernprozesse (wie die Schülerin lernt) berücksichtigt?

Ressourcen/Potenziale/Stärken:

  • Inwiefern werden auch Ressourcen, Potenziale bzw. Stärken der Schülerin erfasst, die für den weiteren Lehr-Lernprozess nutzbar gemacht werden können?

Person-Umwelt-Interaktion:

  • Inwiefern wird berücksichtigt, wo genau Gründe für die Entstehung von Lernvoraussetzungen liegen? Liegen diese in der Person (z.B. Schwierigkeiten im mathematischen Bereich oder in mangelndem Selbstbewusstsein in der Gruppenübung?), in der Umwelt (z. B. wenn die Schülerin aufgrund familiärer Umstände viel Unterricht verpasst hat oder die anderen Schüler:innen ungünstig beeinflussen) oder in der Interaktion bzw. Wechselwirkung zwischen beiden? Inwiefern berücksichtigt die Lehrkraft dies? Werden neben den Fähigkeiten der Schülerin bspw. auch ihre Lern- und Entwicklungsbedingungen sowie die Wechselwirkung zwischen diesen berücksichtigt?

Verfahren/Methoden:

  • Welche Möglichkeiten (aber auch Grenzen) weisen die eingesetzten verschiedenen Methoden auf (z.B. Aussagekraft, Einbezug der Lernenden, Abwägung von Aufwand und Ertrag)? Welche weiteren Verfahren könnten hier sinnvoll sein und wie könnten diese eingesetzt werden?

Ko-konstruktive, dialogische Verfahren:

  • Welche Bedeutung erhalten ko-konstruktive dialogische Verfahren (z.B. Selbst- und Fremdeinschätzungen) und wie werden diese umgesetzt?
  • Wie nehmen Sie die Gesprächsatmosphäre und -führung wahr? Inwiefern fördert diese eine offene Reflexion zwischen Lehrer und Schülerin? Wie kann eine für die Reflexion und Zielvereinbarung hilfreiche Atmosphäre hergestellt werden?
  • Welche Ziele werden vereinbart bzw. vorgeschlagen und von wem? Wie kann eine Zielvereinbarung gestaltet werden, die für die individuelle Förderung im Bildungsgang insgesamt sowie in den einzelnen Unterrichtsstunden handlungsleitend und überprüfbar wird? Inwiefern sind dazu weitere diagnostische Schritte notwendig?
  • Es wird sowohl der Austausch im Kollegium als auch ein Gespräch mit der Schulsozialarbeit erwähnt. Welches Potenzial bietet dieser Austausch? Welche weiteren Personen bzw. Akteure könnten sinnvoll eingebunden werden?

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